Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist trotz des gesetzlichen Verbots ein weitverbreitetes Problem. So ergab eine Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes im Jahr 2015, dass bereits die Hälfte der befragten Beschäftigten selbst eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt hat. Die Auswirkungen sowohl auf die psychische als auch physische Gesundheit der Betroffenen sind dabei enorm. Welche Rechte Sie haben und wie Sie sich vor sexuellen Übergriffen schützen können, lesen Sie im Folgenden.
Bei einer sexuellen Belästigung handelt es sich prinzipiell um ein vom Betroffenen unerwünschtes Verhalten, welches sexualisiert und geschlechtsbezogen ist. Laut § 3 Abs. 4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gehören dazu „auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen“, welches „bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird“.
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1. Wie kann man sich schützen?
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber für den Schutz seiner Mitarbeiter und das Ergreifen geeigneter Maßnahmen gegen sexuell belästigendes Verhalten verantwortlich. Erst bei strafrechtlich relevanten Formen von sexuellen Übergriffen, wie einer sexuellen Nötigung, sind auch die Polizei und die Staatsanwaltschaft zuständig.
Für die Beschäftigten gibt es keine genaue Handlungsanweisung, wie sie sich vor sexuellen Belästigungen schützen können. Ratsam ist es aber zumindest, im Umgang mit Kollegen und Kolleginnen zwar freundlich und respektvoll, aber gleichzeitig geschäftsmäßig und Abstand haltend zu bleiben, damit das Gegenüber nicht in etwaigen Annäherungsversuchen bestärkt wird. Vorsicht ist zum Beispiel auch dann geboten, wenn man ohne triftigen Grund gebeten wird, über die reguläre Arbeitszeit hinaus dazubleiben.
Anzüglichkeiten – selbst solche, die lediglich als Scherz formuliert sind – müssen nie geduldet werden. Daher sollte der oder die Betroffene seinem Gegenüber sein Missfallen hierüber sofort und in aller Deutlichkeit mitteilen. Hören die Belästigungen dennoch nicht auf, ist es schließlich ratsam, sich Unterstützung zu suchen und von seinen Rechten Gebrauch zu machen.
2. Welche Rechte haben Betroffene?
Wie mit einer sexuellen Belästigung umzugehen ist, kann nicht pauschal beantwortet werden, da zum einen jeder Mensch anders reagiert und zum anderen auch jeder Vorfall unterschiedlich ist. Grundsätzlich besitzen Betroffene aber drei zentrale Rechte: das Beschwerderecht, das Leistungsverweigerungsrecht und den Anspruch auf Entschädigung und Schadensersatz.
2.1 Beschwerderecht
Jeder Betrieb muss eine zuständige Stelle besitzen – das kann auch der Betriebsrat sein –, bei der laut § 13 AGG alle Beschäftigten Beschwerde einlegen können, sobald sie das Gefühl haben, sexuell belästigt worden zu sein. Hier gilt zwar prinzipiell: Je früher die Belästigung gemeldet wird, desto besser. Es existieren aber keine Fristen für die Beschwerde selbst. Erst für das Erheben etwaiger Ansprüche, zum Beispiel auf Schadensersatz, müssen bestimmte Fristen berücksichtigt werden.
Aus einer Beschwerdeeinreichung darf den Mitarbeitern keinerlei Nachteil entstehen, das heißt, Abmahnungen oder gar Kündigungen infolge einer Beschwerde sind verboten. Nach einer eingehenden Prüfung des Sachverhalts haben die Betroffenen zudem einen Anspruch auf vorbeugende sowie unterbindende Schutzmaßnahmen durch den Arbeitgeber.
2.2 Leistungsverweigerungsrecht
Ergreift der Arbeitgeber keine wirksamen Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Person, hat diese laut § 14 AGG als letztes Mittel das Recht, der Arbeit fernzubleiben, aber weiterhin volles Gehalt zu verlangen. Doch bevor diese Konsequenz gezogen wird, ist der Arbeitgeber unbedingt schriftlich sowie unter Angabe der triftigen Gründe zu informieren. Ein unberechtigtes Fernbleiben der Arbeit erlaubt es dem Arbeitgeber mitunter, den Betroffenen zu kündigen. Aufgrund dessen ist stets die anwaltliche Beratung vor Ergreifen solcher Maßnahmen ratsam.
2.3 Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung
In einigen Fällen können nach § 15 AGG Ansprüche auf Schadensersatz bzw. Entschädigung gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden. Das kann zum Beispiel in Form von der Übernahme der Arzt- oder Therapiekosten, welche aufgrund der sexuellen Belästigung entstanden sind, oder auch durch Schmerzensgeldzahlungen geschehen. Hierbei gilt allerdings die kurze Frist von zwei Monaten ab dem Zeitpunkt des Vorfalls, in der der jeweilige Anspruch schriftlich beim Arbeitgeber geltend gemacht werden kann. Im Anschluss haben die Betroffenen weitere drei Monate Zeit, die Ansprüche beim Arbeitsgericht einzuklagen.
Den Schadensersatzansprüchen muss der Arbeitgeber immer dann nachkommen, wenn die sexuelle Belästigung von Personen mit Arbeitgeberfunktionen oder Weisungsrechten ausgeht, sprich von Vorgesetzten, Personalleitungen, Geschäftsführungen oder Vorstandsmitgliedern. Wurde die sexuelle Belästigung von gleichgestellten Kollegen oder Kolleginnen begangen, haftet der Arbeitgeber nur, sofern keine Schutzmaßnahmen ergriffen wurden und es zu einem erneuten Vorfall kommt.
Wir bedanken uns bei Laura Gosemann vom Berufsverband der Rechtsjournalisten e.V. für den Gastartikel.
Aussagen des Autors können von der Meinung der Redaktion abweichen.
Über die Autorin
Laura Gosemann hat Germanistik und Lingustik an der Universität Potsdam studiert und ist aktuell als freie Journalistin für verschiedene Verbände, wie dem Berufsverband der Rechtsjournalisten e.V., tätig.
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© Autor: Laura Gosemann, Berufsverband der Rechtsjournalisten e.V.
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